In unserem Podcast „Wein mit Freunden“ präsentieren euch Antonia, Benni, David, Memo, Gianluca und Cossi alle zwei Wochen einen Wein aus unserem Sortiment. Als Weingenießer, aber auch als Profis: Antonia, Memo und David haben den WSET Level 3 (Wine Spirit Education Trust). Sie erzählen euch Interessantes und Wissenswertes aus der Weinwelt und Gianluca verrät euch die besten Wein-Speisen Kombinationen zu den Weinen.
In Folge #75 befinden wir uns in Franken – genauer gesagt in Randersacker bei Würzburg. Das Weingut Schmitt’s Kinder ist uns bereits bekannt, denn Anfang des Jahres haben wir dort einen bemerkenswerten Spätburgunder verkostet. Nun kehren wir zurück, um einen weiteren Schatz aus dem Sortiment zu entdecken: den Sonnenstuhl Silvaner VDP. Erste Lage trocken 2023 BIO.
Rebsorte
Silvaner
Silvaner gehört zu den ältesten Rebsorten Deutschlands und spielt besonders in Franken eine zentrale Rolle. Lange unterschätzt und zeitweise sogar in Verruf geraten, erlebt die Rebsorte heute eine wohlverdiente Renaissance. Ihre große Stärke liegt in der Fähigkeit, das Terroir besonders präzise widerzuspiegeln. In der Nase offenbart sich meist eine feine Kräuterwürze, Noten von Heu und reifen gelben Früchten wie Quitte oder Pfirsich. Diese subtilen Aromen machen den Silvaner zu einem ausgesprochen vielseitigen Speisenbegleiter – insbesondere zu Spargelgerichten, deren grüne und leicht bittere Komponenten ideal mit den kräuterigen Noten des Weins harmonieren.
Silvaner ist ein unterschätzter Weißwein, den man fast ausschließlich in Deutschland findet. Übrigens: Es gibt auch Rote und Blaue Silvaner – eine kleine, aber feine Besonderheit. Früher als Massenrebe abgetan, zeigt der Silvaner heute, wie stark er vom Boden und der Lage geprägt wird – wie kaum eine andere Sorte in Franken. Er kann sowohl als einfacher Gutswein als auch als großer Lagenwein mit Tiefgang und Lagerpotenzial ausgebaut werden.

Der Wein
Der Sonnenstuhl Silvaner VDP. Erste Lage trocken 2023 BIO präsentiert sich im Glas mit einer klaren, strohgelben Farbe. In der Nase entfalten sich feine Kräuternoten, Heu und Aromen von reifen, gelben Früchten wie Pfirsich und Quitte. Am Gaumen zeigt er eine tolle Saftigkeit – man denkt unweigerlich an Dosenpfirsich, mit einer präzisen Säurestruktur und einer markanten Mineralität, die für den Muschelkalkboden der Lage Sonnenstuhl so typisch ist.
Die Lage Randersackerer Sonnenstuhl zählt zu den traditionsreichsten und besten Einzellagen Frankens – man könnte fast sagen, sie ist ein "Premier Cru" wie in Frankreich. Der steile Südhang oberhalb des Mains macht seinem Namen alle Ehre: Sonne satt, beste Reifebedingungen und daraus resultierend charakterstarke Weine. Der Muschelkalkboden, ein über 200 Millionen Jahre altes Sedimentgestein aus dem einstigen Urmeer, speichert Wärme, fördert eine gute Drainage und prägt die Weine mit mineralischer Tiefe, Komplexität und Eleganz. Gerade Silvaner und Riesling gedeihen hier besonders gut. Die Hangneigung sorgt zusätzlich für optimale Belüftung – was Krankheiten vorbeugt und gesunde, aromatisch konzentrierte Trauben ermöglicht.
Für Martin Schmitt ist der Sonnenstuhl eine echte Herzenslage – und das spiegelt sich Jahr für Jahr in der Qualität seiner Weine wider. Der Silvaner ist im typischen Bocksbeutel abgefüllt, trocken ausgebaut und überzeugt mit Finesse, Kraft und Balance. Mit 13,5 % vol. Alkohol zeigt er Substanz, bleibt dabei aber ausgewogen und elegant.

Der Winzer
Die Geschichte des Betriebs reicht bis ins Jahr 1712 zurück. Der Name „Schmitt’s Kinder“ entstand 1910, als sich die Kinder des damaligen Besitzers entschieden, das Weingut gemeinsam weiterzuführen, statt es untereinander aufzuteilen. Heute leitet Martin Schmitt den Betrieb gemeinsam mit seinen Eltern Renate und Karl – mittlerweile in der zehnten Generation. Martin ist Diplom-Ingenieur für Weinbau und Önologie. Er verbindet das über Generationen überlieferte Familienwissen mit moderner Expertise und weltweiten Erfahrungen. Das Ergebnis ist ein traditionsbewusster, aber zeitgemäßer Weinbau.
Auf 14 Hektar Rebfläche in besten Lagen rund um Randersacker – darunter Sonnenstuhl, Pfülben, Marsberg und Teufelskeller – konzentriert sich das Weingut auf Silvaner, Riesling und Spätburgunder. Seit 2020 ist Schmitt’s Kinder Naturland-zertifiziert und setzt konsequent auf biologischen Anbau. Zudem ist das Weingut Mitglied im VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter).

Wein-Speisen Kombination
Silvaner ist nicht umsonst der klassische Spargelwein – seine feine Kräuterwürze und moderate Säure passen ideal zu den zarten Bitterstoffen des Gemüses. Ob mit zerlassener Butter oder Sauce Hollandaise, ob weißer oder grüner Spargel – der Sonnenstuhl Silvaner ist ein perfekter Begleiter. Oder mit Bozener Sauce, einer Südtiroler Spezialität mit Ei, Senf, Essig und Öl.
Ebenso harmoniert er wunderbar mit Zanderfilet, Kalbstafelspitz mit Schnittlauchsauce oder einem cremigen Spargelrisotto. Alles gerne verfeinert mit Nussbutter, also gebräunter Butter mit nussigen Röstaromen – eine delikate Ergänzung.
Ein spannendes Pairing ergibt sich mit asiatischer Küche, besonders bei leichten Schärfen oder Umami-Aromen – der Silvaner bringt genug Frische und mineralische Tiefe mit, um mitzuhalten. Auch zu Schnitzel, grünem Spargel aus der Pfanne oder Pasta mit weißem Ragout (also ohne Tomatensauce, z. B. mit Rind oder Kaninchen und Weißwein eingekocht) passt der Silvaner von Schmitt’s Kinder mit seiner „Creaminess“ ganz ausgezeichnet.
Weinwissen
Der Bocksbeutel
Die flache, bauchige Flasche mit dem kurzen Hals ist das Markenzeichen fränkischer Weine. Aber woher kommt eigentlich dieser ungewöhnliche Name? Es gibt mehrere Theorien zur Herkunft, keine ist abschließend belegt, aber die bekanntesten sind:
Beutel des Ziegenbocks (volkstümlich & bildlich)
Der Name „Bocksbeutel“ wird volkstümlich oft mit dem Hodensack eines Ziegenbocks in Verbindung gebracht – angeblich wegen der ähnlichen Form. Diese Erklärung klingt drastisch, ist aber weit verbreitet.
"Booksbeutel" (Buchbeutel)
Wahrscheinlicher ist jedoch der Ursprung im mittelhochdeutschen Wort „Booksbeutel“, was so viel wie „Büchertasche“ oder „Gebetsbuchbeutel“ bedeutet. Diese Taschen, in denen Geistliche ihre Gebetsbücher trugen, hatten eine ähnliche gedrungene, flache Form. Im Laufe der Zeit könnte sich daraus sprachlich der Begriff „Bocksbeutel“ entwickelt haben.
Die spezielle Flaschenform selbst geht weit zurück – erste Bocksbeutel wurden schon im 16. Jahrhundert verwendet, vor allem in Würzburg. 1728 wurde sie offiziell durch ein Dekret des Würzburger Fürstbischofs als Qualitätsmerkmal für die besten Weine vorgeschrieben – damit minderwertige Weine nicht fälschlich als Spitzenweine verkauft werden konnten. Heute ist der Bocksbeutel gesetzlich geschützt (innerhalb der EU) und darf nur für bestimmte Qualitätsweine verwendet werden – überwiegend aus Franken, aber auch in kleinen Mengen in Baden oder Portugal.
